Konzert in St. Remberti am 2.9. um 19 Uhr
Musik von u.a. Bartolomeo Tromboncino, Philippe Verdelot und Jakob Arcadelt
Marc Mauillon | Tenor
Bernhard Reichel | Laute
Julius Lorscheider | Cembalo
Michelangelo Buonarroti, der introvertiert– exzentrische Bildhauer und Maler, der in seiner Entsprechung des romantischen Künstlerideals bis heute nichts von seinem Ruhm eingebüßt hatte, und Pietro Aretino, der gefürchtetste Satiriker seiner Zeit, der gegenüber Klerus und Aristokratie kein Blatt vor den Mund nahm und zahlreiche pornographische Sonette veröffentlichte. Beide Künstler wurden zu ihrer Zeit dermaßen bewundert, dass man ihnen das Attribut „Il Divino“ (der Göttliche) zuteil werden ließ.
Was mit gegenseitiger Wertschätzung begann, endete in einem jahrelangen Streit, der seinen Höhepunkt erreichte, als der Dichter den Maler öffentlich der „sexuellen Unzucht“ beschuldigte. Die Schriften Aretinos, selbst ein bekennender „Sodomit seit der Geburt“, als auch Michelangelos Liebessonette an seinen Schüler Tommaso Cavalieri belegen einen andersartigen Umgang mit Homosexualität, lange bevor dieser Terminus entwickelt und der Mensch in seiner Sexualität kategorisiert wurde.
Im dritten Konzert des Zyklus führt das Ensemble „Musica getutscht“, neben Kompositionen nach Texten Michelangelos und Aretinos, auch bisher unvertonte Dichtungen der beiden Meister mit sogenannten „Modi di cantar sonetti“ auf; einer historischen Form der musikalischen Deklamation von Sonetten. In vielen musikalischen Publikationen der Renaissance befinden sich untextierte Noten mit dem Hinweis „Aria di sonetti“. Diese Modelle waren gedacht um ein jedes Sonett umgehend „singen“ zu können, als eine Art „musikalische Schablone“ zum deklamatorischen Vortrag von Lyrik.
Auf diesem Weg erzählt das Programm von den erstaunlichen Werken der beiden Künstler, von deren Streit und Zerwürfnis, als auch von einer gänzlich unterschiedlichen Art, über Religion und Sexualität zu denken.