Gottes Kinder durch den Glauben

von | 23. September 2024

Orgelmusik zum Eingang

Begrüßung

Lied: Tut mir auf die schöne Pforte  

Psalm 133

Chor: Felix Mendelssohn Bartholdy: Confitebor tibi

Gebet

Kyrie-Lied: Meine engen Grenzen

Gebet zum Gloria

Gloria-Kanon: Lobe den Herrn meine Seele

Lesung: Galater 3, 26-29

Ihr seid alle Kinder Gottes, weil ihr durch den Glauben mit Christus Jesus verbunden seid. Denn ihr alle habt in der Taufe Christus angezogen wie ein neues Gewand. Und durch sie gehört ihr nun zu ihm. Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob arm oder reich, ob Mann oder Frau. Denn durch eure Verbindung mit Christus Jesus seid ihr alle wie ein Mensch geworden. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen.

Lied: In Christus gilt nicht Ost noch West (Nr. 573)

Predigt (Galater 3, 26-29)

„Gottes Kinder durch den Glauben“, so habe ich den Gottesdienst heute betitelt. Was da so harmlos steht, ist religionsgeschichtlich gesehen eine riesige Provokation und der Anfang einer Spaltung, die nie ganz geheilt ist. Aber theologisch-existenziell ist das der Kern des christlichen Glaubens. „Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen“, so schreibt Paulus im dritten Kapitel des Galatherbriefs.

Wir gehen zurück in die Entstehung des Textes, damit wir verstehen, was er uns sagen will.

Offensichtlich hatte es eine Auseinandersetzung in einer jungen christlichen Gruppe in ‚Galatien‘ gegeben. Wahrscheinlich um das Jahr 55 n. Chr.

Juden, die von der Botschaft Jesu Christi überzeugt waren, missionierten in ihren Heimatstädten. Sie predigten den Nicht-Juden, man nannte sie in der Region pauschal „die Griechen“, dass man auch als Christ die jüdischen Gesetze befolgen muss, um Kind Gottes in der Nachfolge Abrahams zu sein. Denn der Gott Jesu Christi ist der Gott Israels und somit der Gott Abrahams, aus dem das Volk geworden ist.

Äußerlich ging es bei diesen Auseinandersetzungen um die rituelle Beschneidung und die jüdischen Speise- und Reinheitsvorschriften. Das klingt ziemlich banal und weltlich, ist es aber nicht. Denn in Wirklichkeit ging es um den Kern jüdischer Identität. Sie macht deutlich, dass der Glaube sichtbar mit deinem Leben zu tun hat, jeden Tag und immer. Dafür hat das Judentum vor Jahrtausenden Rituale entwickelt, die das tägliche Essen, den Tages- Wochen – und Jahresrhythmus und eben auch körperliche Merkmale betreffen. Luther nannte das pauschal die „Werke des Glaubens.“ Sie sind nach jüdischem Verständnis ein lebendiges Zeichen, dass man zu Gott gehört, dass man Kind Gottes ist in der Nachfolge Abrahams. Für uns klingt das seltsam fremd und partikular, so gar nicht philosophisch, universell, alle betreffend.

Aber das Christentum hat sich entschieden, seine jüdische Glaubensheimat nicht zu verlassen, sondern einen neuen Zweig am Stamm Abrahams zu bilden. Oft wurde in der Geschichte an diesem Zweig gesägt, aber er ist immer wieder angewachsen und trägt Früchte bis heute. Das Christentum ist ein Zweig seiner Mutter-Religion, des Judentums.

Aber der Streit mit der Mutter war gewaltig, besonders in den Anfängen. Paulus, selbst Jude und beschnitten, hatte eine Bekehrungserlebnis, das alles in ihm verändert hat. Der Geist Christi hat ihn überwältigt und im wahrsten Sinne des Wortes begeistert. Er ließ sich taufen und wurde Christ. Fortan war für ihn klar: egal ob jemand Jude ist oder nicht; wer an die Versöhnung durch Jesus Christus glaubt, ist von Gott geheilt und angenommen und braucht dann auch keine äußerlichen Merkmale mehr hinzufügen, auch keine Reinheitsvorschriften einhalten. Männer brauchen sich nicht beschneiden zu lassen, die jüdischen Reinheitsgebote sind für Christen irrelevant, nicht die „Werke des Gesetzes“ zählen, sondern allein der Glaube.

Davon handelt der Galatherbrief. Paulus stellt sich damit gegen die jüdischen Missionare, die dort eine andere Richtung eingeschlagen hatten. Die sogenannten Judenchristen forderten das Halten der jüdischen Gebote, auch für diejenigen Christen, die mit dem Judentum nichts am Hut hatten.

Immer wieder gab es in den ersten Jahrzehnten Streit zwischen den jüdischen und den sich neu gründenden christlichen Gruppen in den Städten des römischen Reichs. Natürlich auch, weil die Neuen viele Mitglieder der jüdischen Gemeinden abwarben und sich damit nicht gerade beliebt machten. Dieser Streit spiegelt sich in vielen Texten des Neuen Testaments wider.

Der Streit zwischen der Mutterreligion und ihren Nachkommen hat in der Geschichte des Christentums schlimme Folgen gehabt. Denn als das Christentum ab dem 4. Jahrhundert zur Staatsreligion erhoben wurde, unterdrückte es das Judentum und auch der Holocaust konnte geschehen, weil sich über Jahrhunderte eine christliche Mehrheit über eine jüdische Minderheit gestellt hat und geschichtsvergessen seine Ursprünge verleugnet hat. Es ist unsere historische Aufgabe als Christen, das nie wieder zuzulassen.

Theologisch jedoch ist dieser neue Zweig am Stamm Abrahams radikal neu und anders. Der Missionar Paulus wird nicht müde zu sagen: Weil Jesus durch seinen Tod die Welt mit Gott versöhnt hat, ist von jetzt an Heilung und Versöhnung allein durch Glauben möglich. Schon Abraham, so betont Paulus in seiner Argumentation, ist wegen seines Glaubens zum Segen für alle Völker geworden, nicht durch das Befolgen der rituellen Vorschriften. Dieser Glaube, den sein Nachkomme Jesus von Nazareth erneuerte, ist der Segen für die Welt. Und so schlussfolgert Paulus: „Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen.“ 

Das ist ein Faustschlag für das auserwählte Volk Israel, die Juden, Töchter und Söhne Abrahams. Heute suchen wir eine friedlichere Deutung. Wir sagen: Christen sind Mit-Erben der Verheißung, sie sind ein Zweig am Stamm des Gottesvolkes.

Ganz universell ist die Lehre des Paulus ja noch nicht: denn wieder ist es ein Ritual, das die Zugehörigkeit sichtbar macht: die Taufe. Durch sie wird alles neu, so die Lesart des Apostels und, in Folge, der christlichen Lehre. Die Taufe ist wie ein neues Gewand; eines allerdings, das man nie mehr auszieht, eher wie eine neue Haut. Das Schöne: es ist ein Gleichmacher. Wer das Taufgewand trägt, wird nicht mehr unterschieden durch Herkunft, Alter, Geschlecht. Alle sind gleichwertig durch den Geist Gottes, der sie von nun an trägt und leitet.

Wie viel wäre schon erreicht, wenn wenigstens das Wirklichkeit wäre; wenn alle Christinnen und Christen der Welt vereint wären in einer Gemeinschaft von Gleichwertigen; wenn soziale Unterschiede, Herkunftsländer und Geschlecht keine Rolle spielten.

Am Freitag durfte ich das zeichenhaft erleben, beim Klimafest anlässlich des Weltkindertags in der Kirche und dem Quartierszentrum in der Neuen Vahr. So viele Kulturen sind sich dort begegnet und alle Gäste und Veranstalter wollten das gleiche: An einer guten Zukunft für unsere Kinder bauen, ein Land gestalten, das Vielfalt willkommen heißt. Ich habe dort in den bunt bemalten glücklichen Kindergesichtern, in den Beats des DJs, in den arabischen und afrikanischen Speisen, in den tanzenden Müttern und Vätern, den staunenden Seniorinnen und Senioren einen Geist gespürt, wie ihn Jesus von Nazareth gepredigt hat.

Heute Nachmittag sind wir bei der ghanaischen Bethel-Gemeinde zu einem afrikanischen Musik- und Tanzgottesdienst eingeladen. Ihre Frömmigkeit entstammt den christlichen Pfingstgemeinden, freikirchliche Fröhlichkeit paart sich mit oft rigoroser Moral und patriarchalen Strukturen. Die Unterschiede zu unserer bürgerlich-weißen Schwachhauser Gemeinde sind augenscheinlich. Aber während wir zusammen sind, werden wir eine Verbundenheit spüren, die vorher nicht da war. Denn wir lesen gemeinsam aus der Bibel, beten, singen und tanzen zur Ehre Gottes.

Wir werden nochmal Psalm 133 lesen, in dem es heißt: „Seht, wie gut es ist und wie wohltuend, wenn Menschen beisammen wohnen, als wären sie Bruder und Schwester.“ Und dann noch aus dem ersten Korintherbrief folgende Worte: „Es gibt zwar verschiedene Gaben, aber es ist immer derselbe Geist. Es gibt verschiedene Aufgaben, aber es ist immer derselbe Herr. Es gibt verschiedene Kräfte, aber es ist immer derselbe Gott. Er bewirkt das alles in allen Menschen. (…) Denn als wir getauft wurden, sind wir durch den einen Geist alle Teil eines einzigen Leibes geworden – egal ob wir Juden oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen waren. Und wir sind alle von dem einen Heiligen Geist erfüllt worden.“

Aber eine Frage bleibt noch unbeantwortet: Was ist mit den Nicht-Getauften? Sind sie folglich nicht Kinder Gottes, nicht gesegnet? Nicht gemeint? Wie universell ist dieser Gott? „In Christus trifft sich Ost und West, er eint auch Süd und Nord, schafft selbst die gute, neue Welt und spricht das letzte Wort.“ SO haben wir vorhin gesungen. (EG 573.4)

Aus Sicht des Paulus würde man antworten: Christinnen und Christen, die Gemeinschaft der Getauften, sind die Vorhut einer verheißenen universalen Segensgemeinschaft. Im göttlichen Friedensreich sind alle Menschen Gottes Kinder.  

Vielleicht wird es dafür einst keine Taufe mehr brauchen. Vielleicht reicht es dann, die Liebe Gottes in sich wirken zu lassen, wie Jesus von Nazareth es vorgelebt hat. Diese Liebe ist lebensverändernd, denn sie weiß darum, dass wir zuerst geliebt sind, bedingungslos aufgehoben in der Güte Gottes. Von dort aus können wir Liebende sein, Vergebende, Tröstende, als solche können wir Schmerzen tragen und klagen, aber auch Gott danken, Gott loben und preisen für die Wunder des Lebens.  Amen.

Chor: Albert Becker: Sehet welch eine Liebe 

Fürbitten mit Zwischengesang

Vaterunser

Chor: Maurice Duruflé: Ubi Caritas

Bekanntgaben

Segen

Felix Mendelssohn Bartholdy: Auf Gott allein will hoffen ich

Weitere Beiträge

Kunstgottesdienst | Leonardo da Vinci

Kunstgottesdienst | Leonardo da Vinci

Leonardo da Vinci malte das berühmteste Lächeln der Welt, eine unvergessliche Darstellung des letzten Abendmahls ... Er war ein Künstler, der sich zum Wissenschaftler machte. Er war ein Meister auf vielen Gebieten: Er war Bildhauer, Anatom, Musiker, Stadtplaner,...

mehr lesen
Tanz in den Reformationstag

Tanz in den Reformationstag

Luther legt auf mit Dj Jörg Gebauer und wir schwingen das Tanzbein, um heiter und fröhlich in den Reformationstag zu tanzen.  Der Abend der Diakonie ist mittlerweile zu einem legendären Spektakel geworden und wir freuen uns auf alle, die einen beschwingten Abend...

mehr lesen
Lust auf Blech?

Lust auf Blech?

Sie wollten schon immer ein Blechblasinstrument lernen? Ihr Kind möchte Trompete, Posaune, Horn oder Tuba lernen? Dann kommt im November Ihre/Eure Chance! Ab November bieten der Landesposaunenwart Rüdiger Hille und Lea Vosgerau immer mittwochs von 17.30-18.30 Uhr...

mehr lesen